Mittwoch, 15. August 2012

Colon - Karibik im Ghetto oder Ghetto in der Karibik?

 
Nachdem ich mich nun schon seit ca. Einem halben Jahr mit Natalia, der Cousine meiner liebsten Tica-Freundin Raquel via Facebook unterhalten hatte (sie hat mir mit Geduld bei der Wohnungssuche und allem anderen rund um meinen Aufenthalt geholfen), hat sie Basti und mir vorgeschlagen ein Wochenende nach Colon zur Familie ihres Freundes Johat zu fahren. Sie selbst war komischerweise noch nie dort, weil Johat Colon wohl zu gefaehrlich ist. Colon ist der Karibikhafen von Panama, wo unter anderem die zweitgrößte Freihandelszone der Welt ist (neben Hong Kong). Waren, die durch den Kanal nach Panama kommen werden dort billig vertickt. Aber nur für Ausländer. Die Panamaer haben davon wenig. Nun gut, da mich die Caribbean Vibes ja sowieso faszinieren, hat mich die Idee sofort begeistert. Und dann noch zu sehen, wie seine Family lebt und direkt local zu sein fand ich natürlich direkt super.
Samstag morgends - nach so ca. 2 Stunden Schlaf total ausgeschlafen – ging es dann los. Fahrt dauert ca. 1 ½ Stunden, mal kurz die weltberühmte Interamericana, die durch ganz Amerika geht, gekreuzt, und schon waren wir - vom Pazifik zum Atlantik - da. Im Zentrum kurz halt gemacht, hab ich mich wie in Limon (Costa Ricas Karibikhafen) und irgendwie auch wie in Jamaika gefühlt. Die Colon-ianer haben karibische Abstammung, teils aus Jamaika, teils von anderen Inseln. Auf den Straßen und im Eingang der Häuser spielt sich wohl der Grossteil des Lebens ab. Manche verkaufen Früchte, Gemüse, billige Ohrringe, Souvenirs, manche spielen Schach, unterhalte sich, hören Musik... ab und zu gibt’s mal ne Schießerei oder Ähnliches, und so vergeht ein Tag nach dem anderen.
Haben dann Johats dicken Cousin abgeholt, der Jeden und jede kleine Ecke in Colon kennt. Habe ihm direkt mal gesagt, er soll uns zum Haus von Kafu Banton bringen. Der ist ein – in Panama sehr berühmter – Reggae-Sänger, der vor allem mit seinem Lied „Vamos pa la playa“, in dem er über Colon singt, schon vor Jahren von Costa Rica bis Kolumbien berühmt geworden ist. 



War eigentlich ein Scherz, als ob der weiß wo Kafu wohnt, dachte ich. Sind dann aber wirklich ins Halb-Ghetto zu Kafu gefahren. Dass ein vollgeladenes und fremdes Auto ins Barrio fährt fanden die Leute wohl nicht so toll und man hat nur große Augen gesehen und die Hand ging auch langsam in Richtung Pistole in der Hose. Haben dann vor nem Haus halt gemacht, wo sich 20 Leute getummelt haben, dem einen wurden die Haare gerade geschnitten, der andere hat sich mit jemandem im 10. Stock unterhalten. Johats Cousin ist raus und kam nach kurzem Gespräch wieder. Das war Kafus Bruder, Kafu wohnt jetzt in Panama (Stadt). Also nix mit Foto vom Popstar!
Dann gings auf zur Tia, Johats Tante. Mussten Johat kurz überreden, seine Tante bei sich zu Hause in der Calle 9, der gefährlichsten Straße von ganz Colon, zu besuchen. Als wir ankamen, wurden wir direkt vom Auto ins vermoderte Haus gebracht, dass auch ja nix passiert. Die Bilder sprechen eventuell zwar für sich, aber ich sag mal, im 10qm-Wohnzimmer tummelten sich 7 Erwachsene und 15 Kinder von 0-6 Jahre. Wer wo wohnt, keine Ahnung! Was sie machen bzw. arbeiten, keine Ahnung! Die Kleinkinder waren alle Enkel der Tia. Komisch dachte ich, die sieht noch gar nicht so alt aus. Sie stellte mir dann ihre Tochter vor… 15 Jahre, mit Baby auf dem Arm, 5 Monate alt. Später kam noch ne Tochter, 17 Jahre, auch mit Baby aufm Arm. Alle waren sehr freundlich zu uns, den „Gringos“, dass wir Deutsche und keine Amis sind war allen egal, Weiße halt! Die 15jährige Tochter hat mir dann direkt mal die Haare geflochten, das waren Natalias und mein Plan für den Tag, dass sie das nun konnte war eher Zufall. Die kleinen Kiddies wollten alle Fotos von sich haben und haben gefragt, ob ich ihre Tia, also ihre Tante, wäre. Das „Nein“ hat sie weniger interessiert, also war ich nur noch „Tia“ für den Rest des Tages.
Man wurde draußen sichtlich beäugelt, ich von Mann, Basti von Frau. Diverse Männer mit undefinierbaren verheilten Einschusslöchern und Stichwunden waren auch darunter. Manche mit, manche ohne Zähne. 

Die Stories aus dem Ghetto ließen auch nicht lange auf sich warten. Das Dach auf der Veranda der Tia war verbrannt. Geschichte dazu: Es gab nen „Streit“ auf der Straße, wobei ein Mann mit Benzin übergossen und angezündet wurde. Um sich zu retten ist er ins Haus gerannt und hat dabei das Haus angesteckt.

Auf dem Rückweg hat Johat mir dann mit purer Ernsthaftigkeit (die Geschichte klingt eher wie ein Scherz, aber ist es leider nicht) erzählt, wie es dazu kam, dass seine Tante – die nicht die leibliche Schwester seiner Mutter ist – von seiner Oma aufgenommen wurde: Sein Onkel hatte ein Date mit einer Prostituierten, die er mit ins Hotel nehmen wollte. Da die Prostituierte allerdings ihr Kind mit dabei hatte, weil sie wohl niemanden gefunden hatte, der auf das Baby aufpassen kann, hat der Onkel das Baby mal eben bei seiner Mutter abgegeben… „Nimm mal Mama, wir gehen kurz ins Hotel“. Naja. Nach dem Hotel-Date hat er dann die Prostituierte beim Haus seiner Mutter abgesetzt um ihr Baby zu holen und ist selbst weitergefahren. Die Frau hat ihr Baby aber nie abgeholt. Rund fünf Monate später kam sie dann wieder und hat ihr Baby abgeholt. Johats Oma und seine Mutter haben die Kleine regelmäßig bei ihrer leiblichen Mutter besucht, da sie ihnen ans Herz gewachsen war. Eines Tages haben sie beobachtet, dass die Mutter des Babys Coca Cola in die Flasche gefüllt hat, weil ihr wohl das Geld für Milch fehlte. Daraufhin hat die Oma angeboten, das Baby bei sich aufzunehmen, falls finanzielle Engpässe vorhanden sind. Der Mutter kam das wohl nicht ungelegen, sie hat dann ihr kleines Baby verschenkt. Ein paar Jahre später kam dann in den Nachrichten, dass eine Frau mit Namen der Prostituierten / Mutter umgebracht wurde. Sie hatte sich einen chinesischen Mafiaboss geangelt, der zwar viel Geld hatte, aber eben eifersüchtig war und sie dann umgebracht hat.

So verging die Zeit von Colon bis Panama wie im Flug.

Ende der Story! Nächste Woche mehr aus San Blas – dem Paradies auf Erden.






Ja, ich war in Rio!


Colon Zentrum

Natalia und Johat



bestellt und nicht abgeholt

jetzt doch


Gefängnis von Colon

mit Kette, Kopfband, Armband, Ring und Gold-Ohrringen behangen!

Mama von Tia und die Ghetto-Tia

Basti, Natalia mit Baby



zwei der Enkel






Hosen zum trocknen an der Decke.

dem mussten mal die Haare gewaschen werden

Calle 9

Kirche in der Calle 9

Bekannte kam zum Fußnägel lackieren

Johat

Tia mit ihrem besten Lächeln! Und noch eine Enkelin!

noch zwei

Natalia


Fisch mit Zwiebelsoße!

Nathalia (Anis Freundin), Ani, ich und Basti. 
Beim wöchentlichen, manchmal mehrmals wöchentlichen Arepas essen (kolumbianische Maistaschen mit Hühnchen/Fleisch/geilen Soßen)

2 Kommentare:

  1. "ab und zu gibt's mal ne Schießerei oder ähnliches...." xD ja ne is klar :D aber Hauptsache, DU treibst dich dort rum ;) die Idee mit dem Video: SUPER! Hab ich beim Lesen direkt mal auf repeat laufenlassen :)
    Übrigens denk ich beim Anblick vom Basti immernoch an Klaas haha...
    Wann geht's weiter nach Tobago??? Ich denke mal, wir ALLE sind gespannt was die Hochzeitsvorbereitungen angehen und wie die Männersuche so verläuft....!!! Also Mäusgen, wir wollen Infos ;)
    Fühl dich gedrückt! :-*

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  2. Übrigens deine Frisur ist der Hammer!!!!!!

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